DIE LINKE fordert Änderungen im „Chancen-Aufenthaltsrecht"
An diesem Freitag, 16. September 2022, berät der Bundesrat eine Gesetzesinitiative zum Chancen-Aufenthaltsrecht. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Zahl der Geduldeten signifikant zu reduzieren, indem langjährig Geduldeten die Chance eingeräumt wird, die notwendigen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt zu erlangen. Das Gesetz soll dabei „positive Anreize" für die Arbeitsmarktintegration und die Identitätsklärung setzen. Dazu erklärt Patrick Beier, migrationspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag:
„Die sogenannten ‚positiven Anreize' sind ein richtiger Schritt, denn von den zurzeit rund 242.000 Geduldeten in Deutschland haben etwa 30 Prozent eine Duldung aufgrund (unverschuldet) fehlender Reisepapiere und weitere 10 Prozent eine Duldung aufgrund ungeklärter Identität. Sofern davon ausgegangen wird, die Betroffenen hätten ihr Abschiebehindernis selbst zu vertreten, bspw. aufgrund mangelnder Mitwirkung an der Passbeschaffung oder Täuschung über ihre Identität, wird dies unter anderem durch ein Arbeitsverbot sanktioniert."
„Sofern ein fehlender Pass oder eine ungeklärte Identität die einzigen Duldungsgründe darstellen, mangelt es in der Folge an positiven Anreizen zur Klärung letztgenannter oder eben der Passbeschaffung, da die Geduldeten bei Vorlage des Passes mit einer Abschiebung rechnen müssen, ohne ihren Aufenthalt regularisieren zu können", erläutert Beier.
Das geplante Chancen-Aufenthaltsrecht sei zwar „ein Schritt in die richtige Richtung, langjährig Geduldeten endlich einen rechtmäßigen Aufenthalt und damit einen Ausweg aus der Rechtswidrigkeit der Duldung zu bieten. In seiner bisherigen Fassung verpasst es allerdings die Chance, den vollmundig im Koalitionsvertrag angekündigten Paradigmenwechsel auch tatsächlich einzuleiten", so der Abgeordnete. Für einige Geduldete biete die neue Regelung sicherlich eine neue Chance der langfristigen Aufenthaltssicherung, indem sie während eines einjährigen ‚sicheren Korridors' die Identität klären bzw. einen Reisepass beschaffen können. „Allerdings müsste die Verlängerungsoption zeitlich breiter angelegt werden, wenn die Betroffenen alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Jahresfrist aber dennoch nicht eingehalten werden kann", mahnt der Fachpolitiker.
Zudem sei der Kreis potentiell Begünstigter durch die befristete Stichtagsregelung von vornherein zu klein gezogen. „Weder werden so Kettenduldungen abgeschafft, noch die Zahl derer mit prekären Aufenthaltsstatus dauerhaft gesenkt. Daher braucht es eindeutig – und das ist eine ganz zentrale Forderung – die Streichung des Stichtags. Es ist unbedingt wichtig, dass Menschen, die sich länger als fünf Jahre geduldet in Deutschland aufhalten, die Regelung in Anspruch nehmen können", unterstreicht Beier.
Der Abgeordnete weiter. „Die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts als Brücke in eine der bereits bestehenden Bleiberechtsregelungen ist grundsätzlich begrüßenswert. Die gegenwärtig vorliegende Gesetzesvorlage ist allerdings so mangelhaft, dass vor der finalen Verabschiedung im Bundestag noch relevanter Verbesserungsbedarf besteht. Nur dann kann das erklärte Ziel, Kettenduldungen endlich zu beenden, auch tatsächlich erreicht werden."